Samstag, 13. Januar 2007

Kruder Dorfmeister


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Von Rebecca Horn im - immer wieder beeindruckenden - Gropiusbau gefangen nehmen lassen. Mit gemischten Gefühlen die Nachrichten und Informationen von heute verfolgt. Mit Louise Bourgeois DESTRUCTION OF THE FATHER am eigenen Kunstverständnis gefeilt. Nicht tanzen gegangen, dafür Pläne geschmiedet, Hufeisen ins Feuer gelegt, das Glück folgt auf dem Hufe...

Fortsetzung

Es ist so verdammt kalt. Wenn selbst der Gargarin-Gedanke nicht mehr hilft, sollte ich zu anderen Mitteln greifen. Also gebe ich es auf, mir einen luftdichten Thermo-Astronautenanzug vorzustellen und schleppe stattdessen meine, nicht selbstgewählten Spießgesellen in einen DIESEL-LEVIS-ARMANI-SHOP. Marcello, Joe und ich bilden ein Gespann, das mich an die Quadriga auf dem Brandenburger Tor denken lässt. Wissen Sie immer, warum Ihnen bestimmte Gedanken in den Sinn schießen? Berlin kommt nicht vor auf den gläsernen Scheiben des Shops, der mit Namen wie Duschanbe und Dyabakir, Taschkent, Brazzaville oder Bejing für die entsprechende Globetrotter-Sphäre sorgt.

„Da caprio„, witzelt der einzig freie Assistent und spreizt seine künstlich verlängerten Wimpern graziös. „Nein, eigentlich nennen mich alle Gior.„ Joe und ich verziehen das Gesicht und uns in die jeweils entgegengesetzten Winkel des Ladens. Während sie von den atemberaubenden Abendkleidern eins nach dem andern in die nahegelegene Kabine schleppt, wühle ich mich durch Regalständer mit geschmackvollen Anzügen und schreibe im Geist sämtliche Bankauszüge neu. Ohne Minuszeichen. Marcello hat sich auf einen der deibeinigen Hocker gesenkt, als meditiere er. Doch Da-caprio-Gior-Armani-wie-auch-immer markiert sein Revier, er sprühte jeweils um den Ex-Benediktiner als auch Joe und mich einen unsichtbaren, dafür aber geruchsintensiven Ring aus einem sechseckigen, schwarzen Flakon. Armani, klar - er fächelte es auf uns alle herab als sei es Gottes Segen.

„Wo feiern wir eigentlich?„ Joe näherte sich mir - nicht gerade dezent - und Gior schmollte, seinen Mund süffisant anhebend. Lesben, auch gut, musste er sich wohl innerlich zurückgepfiffen haben, denn er kassierte meine Einkäufe mit frostiger Miene. Doch kaum hatte Joe sich eine Zigarette von ihm anzünden lassen und erneut ihrem Taschenspiegel gewidmet, fand er zurück zu seinem Charme, den er ihr widmete, als hoffe er auf eine Beförderung. Es war zehn vor Zehn. Jemand klopfte ungeduldig an die Duschanbe, Diyabakir, Taschkent-Scheibe. Eine Einskommafünf-Liter-Flasche Champagner im Arm haltend wie ein Baby, stand dort der Gondolieri. Marcello ließ ein Schnauben vernehmen.

„Was für ein Zufall!„ Joe kreischte erfreut auf, wobei sie echt und doch wie auf Droge klang. Wieso sich so freute, war mir nicht klar. Und niemals würde ich sie mir als Babysitterin vorstellen können, aber sie finanzierte mit eben diesem drei Mal die Woche anfallenden Job ihr Studium.


„Gibst du den Kids eigentlich Valium in die Milch, oder so?„ hatte ich sie spaßeshalber einmal gefragt. „Wenn's sein muss?„ Ihr Tonfall undurchschaubar. Vorsichtshalber hatte ich das Thema nie wieder angeschnitten.

„Luigi!„ Gior schien überrascht vom Auftauchen des Gondoliere.

DREI FREMDE, EINEINHALB PARTIES

Direktorin Düvall hob verstört den ölverschmierten Blitzlichtfisch aus dem geheimnisvollen Päckchen, das der UPS-Mann eben beim Pförtner für sie „persönlich„ abgegeben hatte. Entgeistert las ich den dazugehörigen Brief.

„Sie interessieren sich für Biolumineszens, biologisches Leuchten?„ hieb die erste Frage auf mich ein. Ja und? Dieses Interesse teilte ich mit manch anderem. „Wie Sie wissen, ist der Blitzlichtfisch ein Paradebeispiel für Ihre favorisierte Kategorie. Er trägt, wie Ihnen sicher nicht unbekannt ist, lichterzeugende Bakterien in den Augen, sozusagen als nützliche Schmarotzer. Denn, auch das ist Ihnen klar, diese Parasiten erhakten als Lohn für ihre lichtspendende Tätigkeit Zucker und Sauerstoff aus dem Organismus ihres Wirts.„ Was will denn dieser Biologen-Klugscheißer von mir? Mit dem Brief an sich wäre Düvall locker fertig geworden, sie konnte sich augenblicklich vorstellen, wie sie ihn Karla und auch dieser verstockten Melba vorlas, sie würden in Heiterkeit ausbrechen, keine Frage.

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