Mittwoch, 28. November 2007

nächster Reisebericht: Vilnius gen Riga



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Wieder einmal den Versprechungen des Reiseführers erlegen und – nicht unbedingt enttäuscht – aber auch nicht überzeugt worden: Der Berg der Kreuze hatte Tina magisch angezogen, also verließen wir, da wir ohnehin in unserer vilnianischen Lieblingspension - wegen Sky hätten wir ohnehin nicht noch eine Nacht bleiben können - Litauens Hauptstadt am frühen Mittag.

Hier müsste eigentlich der - noch fehlende Reisebericht KURISCHE NEHRUNG stehen, denn dort waren wir natürlich vor der Reise nach Riga. Also, nicht verwirren lassen, ich bau hier gleich mal eine Karte mit unserer nachvollziehbaren Reiseroute ein.

Wissend, dass von Kaunas und der Kurischen Nehrung aus bis Riga, der lettischen Hauptstadt auch noch einiger Fahrkünste bedürfte und wir am Berg der Kreuze (hinter Siauliai) noch genug Licht haben wollten, um ohne langwierige Stativlangzeitaufnahmen auszukommen (ein simples Geheiß der Kälte, keine fotografische Überlegung).

Nun denn, nach einigen wenigen Verwirrungen fanden wir den Abzweig sehr wohl. Vorab wurden wir im ortsansässigen Supermarkt und vor allem davor zum ersten Mal Zeuge der – leider natürlich – vorhandenen Armut und auch geistigen Minderbemittelung. Von einigen der Anwesenden, die sich dort vor Siauliais ziemlich unattraktiver Kulisse auf der Suche nach einem Zubrot zuschaffen machten, hätte man früher einfach behauptet, sie seien die Dorftrottel. Vergleiche mit ALEXIS SORBAS und LUDWIG HIRSCH ("Am nächsten Tag in der Früh, da treffen sie sich unten beim Wirt,
mit Dreschflegeln, Sensen und Sicheln und leuchtenden Augen.
Und sie singen Hallelujah und wandern zum Pfarrer sein Haus,
wo der Peterle blöd grinsend sei Eselsmilch sauft.
Die Hebamme schwingt's Kruzifix,
Herrgott, der Peterle was no nix!" Liedtext "Der Dorftrottel")
sind durchaus zulässig.

Nur, dass der Kontext eben moderner erscheint und niemand von derer geistig Verwirrten erschlagen wird,...aber werden sie unbedingt viel respektvoller behandelt?

Sicher sind auch diese weniger Beglückten bereits auch schon einmal am Berg der Kreuze gewesen. Fraglich in diesem Zusammenhang ist auch, ob jene, die dort Hagel, kalten Winden und dem Mangel an religiös oder andersmotivierten Touristen trotzenden Kreuze-Verkäufer besser dran sind als andere, die sich vor dem Supermarkt bei den Betuchteren versuchen in Erinnerung zu bringen.

Sehr fragil scheint mir das Businesskonzept der Kreuzeverkäufer (zumindest zu einer kalten Jahreszeit) zu sein, an einem religiös dominierten Wallfahrtsort mit mindestens sechs oder sieben Ständen gleicher oder ähnlicher Ware auszuharren, aber dieses Festhalten an alten Verkaufsmustern trotz geänderter kapitalistischer Gegebenheiten ist wohl doch eher masochistisch einzuordnen oder eben als alternativlos?

Da muss sich unsereins ja auch nicht so weit aus dem Fenster hängen, denn das ist, was mir diese Reise ganz deutlich vor Augen führt, wenn man lang im Osten gelebt hat oder gar in einem vermeintlich geborgenen System aufgewachsen ist, dann fällt es nicht gerade leicht, die pseudodemokratischen, wirtschaftlich dominierten Spielregeln zu durchschauen und noch viel weniger adaptiert man sie so ohne weiteres.

Bilder aus Riga und von der gesamten Reise gibt es in den öffentlichen Galerien
Photos from Travelling through Lithuania, Latvia and later Estonia are here

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